Tropfsteinhöhlen in Postojna

Das ist kein Leben
Keine Zerklüftung, kein Zerfressen – nur unscheinbares Erwachsen
Alle Zeit zersprengt in Tropfen
Und erstarrt aus dem Nichts in Stein
Kein Verfall und keine Andeutung von Ende
Nur Jahrtausende geduldiger Verwindung
Nach Plänen, die alles andere schreibt.

Das hat keine Bedeutung
Keine Gestalt, keinen Zweck – nur filigrane Kanten
Und Umschlingungen und Rundungen und Wellen und Verfärbungen
Und Formen aus Gedanken, die sich plötzlich spiegeln wollen
Die allein gar keine Bilder waren, Worte übersteigen
Aber zwischen all den Zacken, Halmen, Säulen widerhallend
Ihr Wesen neu entdecken und die Stille überfüllen.

Das ist kein Leben
Kein Zielstreben, kein Absterben – nur Bewegung
Unsichtbar gemächlich und unendlich kompliziert
Wäre es Leben, wären wir nichts dagegen
Ein verfehlter Luftzug durch unerschütterliches Wachstum
Der sich zerklüftet und zerfressen zwischen Traumbildern verliert
Bewusstsein nur entzündete Haut auf den Steingebilden.

Das hat keine Bedeutung
Keinen Sinn als den, den wir darin sehen
Es zu zerfahren und zu sprengen
Den Raum in Schienen zu hämmern, pervers bestrahlt
Die Zeit zu zertakten, als müsste sie mit uns enden
Das Erleben auf einen Punkt zusammenzupressen
Der dreckig überlegen zwischen zwei Tropfen zerspringt.

Der schmächtige Mann mit dem Dosenbier

Eine kleine Weihnachtsgeschichte frei nach Hans Christian Andersen.

Es war entsetzlich kalt. Grauer Schneematsch lag auf den Straßen, und Kunstlicht löste bereits die Sonne ab, die irgendwo hinter der Wolkendecke unterging. Es war der letzte Abend im Jahre, Silvesterabend. In dieser taghell ausgeleuchteten Kälte ging auf dem Bürgersteig ein schmächtiger armer Mann mit bloßem Kopfe und löchrigen Socken an den Füßen. Er hatte wohl Schuhe angehabt, als er aus seinem Schlafsack gekrochen war, aber was konnte das helfen! Es waren sehr große Schuhe. Die hatte letzten Frühling jemand am Altkleidercontainer abgestellt, und er hatte sie mit den Schnürsenkeln über seinen Knöcheln festbinden müssen, so groß waren sie. Diese Schuhe hatte der Mann verloren, als er über die Straße eilte, während ein Sportwagen mit viel Getöse vorüberjagte. Die Schnürsenkel hatten sich gelöst. Der eine Schuh war nicht wieder aufzufinden, und mit dem anderen machte sich ein streunender Hund aus dem Staube, welcher daran wohl etwas Essbares gerochen hatte.

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Tipps für’s Schreiben: Ultimate Collection

Hier gibt’s meine Tipps übers Schreiben in der praktischen Übersicht. Wie du siehst, folgen sie einer strengen Chronologie: Von den ersten Ideen übers leere Blatt bis zum vollen Blatt, dann zu den weiteren vollen (und zerrissenen) Blättern und dann… na ja. Ich hoffe, du hast etwas davon und kannst vor allem die Motivation mitnehmen, regelmäßig zu schreiben! Denn – gib’s zu – das solltest du eigentlich gerade tun, anstatt nach Tipps zu surfen 😉

Schreib-Tipp #10: Episch, pathetisch, nervtötend

Vielleicht hast du literarisch Großes vor. Eine weltbewegende Geschichte geht dir durch den Kopf, ein Höhepunkt mit Herzinfarkt-Risiko, eine Hauptfigur, die mehr Leid erfährt als Musikliebhaber in einem Pop-Konzert. Toll! Pass nur auf: Wenn du in der Überzeugung schreibst, deine Story werde den Leser zutiefst erschüttern und bewegen, erreicht dein Text wahrscheinlich das genaue Gegenteil: Langeweile. „Schreib-Tipp #10: Episch, pathetisch, nervtötend“ weiterlesen

Schreib-Tipp #9: Actio und Reactio

Wir sind uns hoffentlich einig, dass der Mensch mehr ist als die Summe seiner Taten. Dennoch sind sie in literarischen Texten ein tolles Mittel, um Menschen zu definieren – viel besser als Adjektive („Manchmal konnte er ein wenig zögerlich sein.“…). Wichtig ist es nur, Taten schlüssig in den Text einzugliedern. Eine Aktion allein ist da manchmal zu wenig.

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Schreib-Tipp #8: Nichts ist unmöglich… aber alles will erklärt sein.

Abstruse Geschichten und Charaktere begegnen uns nicht nur in Fantasy-Romanen. Nehmen wir doch den Hundertjährigen, der aus dem Fenster springt und mit seinen alten Knochen noch eine aberwitzige Weltreise überlebt. Oder den hypergelehrten Doktor, der Erdgeister beschwört und Teufelspakte schließt, weil ihm irgendwie langweilig ist. Das Schöne an Literatur ist eben, dass die Frage „Was wäre, wenn?“ keine dummen Antworten kennt. Nur zu kurz geratene. „Schreib-Tipp #8: Nichts ist unmöglich… aber alles will erklärt sein.“ weiterlesen

Schreib-Tipp #7: Schreib‘ durch die Kamera!

Atmosphäre erzeugt man durch Sinneswahrnehmungen. Ist ja irgendwo logisch. Weil Buchseiten weder riechen noch klingen noch Bilder zeigen (außer natürlich in Bilderbüchern), müssen die Eindrücke im Kopf des Lesers entstehen. Vor allem im Visuellen kann es schwierig sein, harmonische Bilder zu erzeugen, weil viele Sätze und Handlungen sich zu widersprechen drohen. Ein Beispiel:

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Schreib-Tipp #6: Von trockenen Sätzen und Wort-Ballast

„Es war eine schöne Nacht. Viele glitzernde Sterne standen am schwarzen Himmel. Warmer Wind blies sanft in das rauhe, gezeichnete Gesicht des alten Mannes, als er aufblickte. Sein hölzernes Boot wippte leicht auf und ab, wann immer es von einer der kleinen Wellen erfasst wurde.“

Mal ehrlich: So bekommt jeder einen Roman voll. Nur wird der nach wenigen Seiten stöhnend weggelegt. Irgendwie erfüllen die vielen Wörter also nicht ihren Zweck – eigentlich sollten davon doch die schwachen Nomen und abstrakten Verben interessanter werden? Viele Menschen schmücken ihre Texte intuitiv auf diese Weise. Die Adjektive, Adverben und sonstigen Ballast-Wörter sind „Schreib-Tipp #6: Von trockenen Sätzen und Wort-Ballast“ weiterlesen

Schreib-Tipp #5: Die Kunst, (nicht zu früh) loszulassen

Nachdem deine kritische Seite beim Anfertigen des ersten Entwurfes mal Pause machen durfte (oder dazu gezwungen wurde), ist sie bei der Überarbeitung wieder voll gefragt. Du verbesserst dich unermüdlich durch das Buch, verwirfst Schlechtes, liest erfreut auch Gutes und bist irgendwann durch. Leider kann das Buch jetzt immer noch nicht zum Druck, denn: es geht noch besser.

Wie viele Fassungen du schreiben solltest, ist absolut individuell. Eine ist immer zu wenig, zwanzig können schon zu viel sein. Auch, ob du den Text jedes Mal neu schreiben willst oder „Schreib-Tipp #5: Die Kunst, (nicht zu früh) loszulassen“ weiterlesen

Schreib-Tipp #4: Überarbeitung will überlegt sein

Wenn dein erster Entwurf steht, lass ihn erst mal liegen, um Abstand zu gewinnen. Beim Überarbeiten sollte dir klar sein, dass nicht jede Änderung einen Text besser macht. Darum ist es wichtig, dass du immer den Überblick behältst.

Es gibt verschiedene Ebenen des Lesens: Du kannst die Rechtschreibung und Aussagekraft einzelner Worte prüfen, aber auch die Kunstfertigkeit eines Satzes. Du kannst dich fragen, welche (Re-)aktionen deinen Charakter besonders auszeichnen und welche einfach überflüssig sind. Vielleicht zweifelst du auch am Spannungsbogen der Handlung und möchtest einzelne Szenen oder Kapitel neu schreiben. „Schreib-Tipp #4: Überarbeitung will überlegt sein“ weiterlesen