Nachdem deine kritische Seite beim Anfertigen des ersten Entwurfes mal Pause machen durfte (oder dazu gezwungen wurde), ist sie bei der Überarbeitung wieder voll gefragt. Du verbesserst dich unermüdlich durch das Buch, verwirfst Schlechtes, liest erfreut auch Gutes und bist irgendwann durch. Leider kann das Buch jetzt immer noch nicht zum Druck, denn: es geht noch besser.
Wie viele Fassungen du schreiben solltest, ist absolut individuell. Eine ist immer zu wenig, zwanzig können schon zu viel sein. Auch, ob du den Text jedes Mal neu schreiben willst oder lieber einzelne Stellen austauschst, ist eine persönliche Sache. Die Kunst ist es, den Punkt zu finden, an dem du aufhören musst – nicht, weil es nicht mehr besser ginge, sondern weil du es nicht mehr besser hinbekommst. Dabei geht es also nicht darum, ob das Werk noch in hundert Jahren Menschen begeistern kann, sondern darum, ob deine Ver“besserungen“ noch aus mehr bestehen als willkürlichen Wort- und Satzspielereien. Der Text mag noch so schlecht sein – irgendwann kann er nur noch schlechter werden.
An diesem Punkt solltest du ihn also zur Seite legen, mit der Gewissheit, dass das Schreiben dich wieder um einiges bereichert hat und daher dein nächster Text auf jeden Fall besser (oder wenigstens anders) wird. In Anlehnung an den berühmten Satz von Paul Valéry könnte man sagen: Du beendest einen Text nicht, du gibst ihn auf.
Ja… das Diagramm war unnötig und diente nur dazu, dir Lebenszeit zu stehlen. Die verplemperst du aber eh schon, indem du Schreib-Tipps liest, anstatt zu schreiben 😉